Gast
Benedikt Mayr
Benedikt Mayr gehört zu den bekanntesten Freestyle-Skifahrern Deutschlands: Freeskier of the Year, Olympiateilnehmer 2014 in Sotschi, weltweite Contests und Filmprojekte. Doch hinter den Medaillen stehen fünf Knie-Operationen, chronische Schmerzen, Schmerzmittelabhängigkeit und Depressionen. Heute führt Bene ein erfolgreiches Immobilienunternehmen und spricht offen über Themen, über die viele schweigen. Genau das macht seine Geschichte so wertvoll: Jeder Mensch erlebt Höhen und Tiefen, entscheidend ist, wie man damit umgeht.
„Mut heißt nicht nur große Sprünge. Mut heißt, die Wahrheit auszusprechen.“
Seine erste Erinnerung an Ski? Keine Love-Story. Als Dreijähriger am Sudelfeld und Spitzingsee, Schlepplift, Stürze, Frust: „Ich habe es gehasst.“
Die Wendung kam mit acht bis neun Jahren: erst Skirennen, dann Buckelpiste – das damalige „klassische Freestyle“. Zeit, Technik und zwei Sprünge mit Salto oder Drehung, bewertet von Kampfrichtern. Benedikt war erfolgreich, schaffte es in die Jugendnationalmannschaft und hier begann die Leidenschaft richtig zu tragen.
Mit 15 zog Benedikt von München zu einer Gastfamilie nach Bad Tölz, besuchte die Sportförderschule und ordnete alles dem Skifahren unter. Parallel entdeckte er das, was ihn wirklich packte: Freeski und Parkfahren wie bei den Snowboard-Stars.
Er trainierte jede freie Minute im Snowpark und gewann auf Anhieb die Deutsche Meisterschaft im Big Air. Es folgten Sponsoren, erst mit Material, dann mit Verträgen und echtem Geld.
Mit 17 zog er nach Innsbruck in eine Skifahrer-WG. Offiziell war er an der Abendschule gemeldet, realistisch aber schon Vollzeit-Profi. Er reiste um die Welt, nahm an Contests teil, drehte Filme und verdiente sein Geld mit dem Sport.
Im Freeski unterscheidet man verschiedene Disziplinen:
Slopestyle: Ein Parcours mit Rails und Sprüngen, Kreativität und Technik zählen.
Big Air: Eine riesige Schanze, ein perfekter Trick entscheidet.
Halfpipe: Das halbrunde Rohr, abwechselnd links und rechts hohe Sprünge mit Tricks.
Freeride: Fahren abseits der Piste in steilem Gelände, bekannt aus Red-Bull-Filmen.
Benedikt startete mit Slopestyle und Big Air, später auch im Freeride. Er nahm in mehreren Disziplinen erfolgreich an Wettkämpfen teil.
Warum immer höher, weiter und schwieriger? Es war reine innere Motivation.
„Kann der das, will ich es auch können und gewinnen.“
Früher gab es keine Airbags oder Sommer-Matten wie heute. Tricks wurden auf dem Trampolin vorbereitet, der Rest wurde direkt im Schnee probiert. Fortschritt bedeutete: trainieren, stürzen, wieder aufstehen, weitermachen.
Verletzung bedeutete für ihn nicht Drama, sondern Plan. Sagte der Arzt acht Monate Pause, peilte Bene sechs Monate an.
Zuerst improvisierte er mit eigenem Physio, später ermöglichten Sponsoren wie Red Bull ein professionelles medizinisches Umfeld: Ärzte, Physiotherapeuten, Mentalcoaches, zwei harte Einheiten täglich den ganzen Sommer über. Das Ziel war immer klar: so schnell wie möglich zurück auf die Ski.
Nach der dritten Knieverletzung fehlte Knorpel, Knochen rieb auf Knochen. Fahren war nur noch unter massiven Schmerzen möglich.
Die Notlösung wurde Routine: Täglich Schmerzmittel, zuletzt 1.500 mg Ibuprofen am Tag. Blutwerte ergaben eine Leber wie bei einem Alkoholiker, obwohl er kaum Alkohol trank.
Spätestens hier begann ein gefährlicher Mix aus Schmerz, Leistungsdruck, Tabletten und schleichender Depression.
„Kopf und Herz wollten fahren. Der Körper konnte nicht mehr.“
Nach außen blieb Benedikt der Top-Athlet. Innen bröckelte alles. Der Körper war am Limit, Sponsoren mussten bedient werden und das Rollenbild musste aufrechterhalten bleiben.
Diese Diskrepanz zwischen Schein und Sein wurde zum Nährboden für Depressionen.
So beschreibt er die Depression:
„Alles ist schwarz“ – selbst am schönsten Ort mit den liebsten Menschen.
Aufstehen fällt schwer, Antriebslosigkeit dominiert.
Probleme wirken riesig, egal wie sie objektiv sind.
Es fühlt sich an, als säße man in einem Loch ohne Ausweg.
Parallel investierte Benedikt in Gastronomieprojekte in München und Innsbruck, die scheiterten. Geld war weg, der Druck stieg. Der Kreislauf schloss sich.
Heute sagt Benedikt klar: „Das war vermeidbar.“
Zwei Schlüssel helfen in Krisen:
Radikale Ehrlichkeit zu sich selbst. Den Status quo erkennen, statt eine Rolle zu spielen.
Früh Hilfe suchen. Professionell durch Therapie oder Mentalcoaching und persönlich im Freundeskreis. Menschen, die ehrlich spiegeln, sind unverzichtbar, wenn man selbst die Situation nicht mehr klar sieht.
„Wenn du dir selbst etwas vorspielst, beginnt die Depression.“
Die Drogen wurden zum Symptom einer tieferen Krise. Was als vermeintlicher Ausweg aus Schmerz und innerer Leere begann, steigerte sich zur Kokainsucht. Der Kick ersetzte den Adrenalinrausch, den der Sport nicht mehr zuverlässig gab. Als Benedikt merkte, dass es nicht mehr geht, meldete er sich selbst in einer Klinik. Es folgten zwei Aufenthalte mit acht und sechs Monaten. Dort ging es nicht nur um Abstinenz, sondern um Ursachenarbeit.
„Ich wusste nicht mehr, was ich machen soll. Also habe ich mir Hilfe geholt.“
Learnings für dich:
Erkenne Sucht als Symptom, nicht als Charakterfehler.
Hole dir früh professionelle Unterstützung.
Sprich mit Menschen, die ehrlich spiegeln.
Der Weg in die Abhängigkeit betrifft nicht nur Sportler. Unternehmer, Künstler, Menschen mit hoher Taktung kennen das Leistungsloch nach großen Erfolgen. Wenn Struktur und Sinn wegfallen, sucht der Kopf Ersatz. Bei Benedikt kam zur körperlichen Grenze noch der Kampf um die eigene Rolle hinzu.
Parallel baute Benedikt mit Partnern mehrere Bars, ein Restaurant, einen Nachtclub in München und einen Concept Store mit Café im Skigebiet Innsbruck auf. Die Konzepte waren gut, die Leidenschaft fehlte. Ergebnis: mehr Geld verbrannt als verdient.
Fazit: Ohne echtes Brennen für das Projekt bleibt selbst das beste Konzept hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Zu Beginn seiner Freeski-Zeit war Olympia kein Ziel, denn die Disziplinen waren nicht im Programm. 2012 nahm das IOC Slopestyle, Big Air und Halfpipe auf. In nur zwei Jahren bauten Fahrer zusammen mit dem Deutschen Skiverband die komplette Struktur auf. Trainer, Budgets, Qualiwege, alles entstand im laufenden Betrieb.
Qualifikationslogik vereinfacht:
Mehrfach internationale Topplatzierungen in Weltcups
Platzierung in der Weltrangliste unter den besten dreißig
Benedikt schaffte die Quali und erlebte Sochi 2014. Das Olympische Dorf wirkte surreal, Verpflegung rund um die Uhr, Security auf höchstem Niveau. Der Kontrast zwischen sportlicher Freiheit im Park und militärischer Ordnung draußen war enorm. Dennoch gab ihm die neue Struktur viel Halt. Trainingsplan, Physio, klare Abläufe. Nach dieser Phase suchte er wieder mehr Freiheit im Freeride.
Früher konnte nur die Weltspitze vom Sport leben. Heute ermöglicht Social Media auch guten Amateuren ein professionelles Einkommen. Das ist großartig, bringt aber einen Zielkonflikt: Wer ganz vorn mitfährt, hat kaum Zeit für Content. Wer Content priorisiert, kann unabhängig von Ranglisten leben. Beide Wege sind valide.
Ein erfahrener Sportautobiograf, Fred Selin, bot die Zusammenarbeit an. Das Schreiben wirkte therapeutisch. Offenheit wurde zum Prinzip. Wer das abschreckt, passt ohnehin nicht als Geschäftspartner. Vieles spricht dafür, denn seitdem melden sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen und um Rat fragen.
Für wen ist das Buch gedacht
Für Skifans, die die erste Hälfte als Freeski-Reise lesen möchten.
Für Menschen, die sich plötzlich in Depression, Schmerzmittel oder Drogen wiederfinden und eine Brücke zum ersten Gespräch suchen.
„Es ist nichts Schlimmes, sich helfen zu lassen.“
Benedikt geht es gut. Er fährt weiter mit Leidenschaft Ski, fokussiert sich aber beruflich auf Immobilien.
2017 startete er mit Sven Kühle, ebenfalls ehemaliger Profi. Erste Station war eine kleine Wohnung in Innsbruck. Eigen saniert, verkauft, reinvestiert. Zwei Objekte wurden zu drei, dann zu vier. Die Finanzierung war anfangs schwierig. Rund dreißig Banken sagten ab. Eine Bank glaubte an das Team und arbeitet bis heute mit ihnen zusammen.
Strategie in Kürze
Start mit kleinen Einheiten in Innsbruck
Wertschöpfung durch Sanierung und Verkauf
Aufbau von Eigenkapital für Bestandskauf
Skalierung in Nordrhein-Westfalen in B und C Lagen mit Mehrfamilienhäusern
„Mein Zielbild ist“: Cashflow, Bestandsaufbau und Vermögensaufbau als Weg aus der Abhängigkeit vom Sport.
Konkretes Objekt sichern. In Österreich ist ein unterschriebenes Kaufangebot über den Makler verbindlich. Zeitdruck realistisch einkalkulieren.
Businessplan statt Bauchgefühl. Zahlen, Sanierungsplan, Exit oder Haltestrategie klar dokumentieren.
Viele Banken ansprechen. Ablehnungen gehören dazu. Eine einzige Zusage kann zur Partnerschaft auf Jahre werden.
Ehrlich kalkulieren. Sanierungsbudget, Bauzeiten, Leerstände, Vertriebskosten.
Aus den ersten Flips entstand ein Bestand. Parallel wurden in München Grundstücke entwickelt und veräußert. Mit der Marktkrise in Deutschland wurde selektiver angekauft. Heute setzt Sven Projekte in den USA um, Benedikt entwickelt mit seiner Partnerin Ferienimmobilien in Italien.
In Venezien und Friaul kaufen sie ältere Einfamilienhäuser, sanieren hochwertig und verkaufen vor allem an Käufer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Mehrwert entsteht durch Sanierungsqualität, Sprachkompetenz und verlässliche Abwicklung.
Struktur
Gesellschaftssitz in Bozen für deutschsprachige Steuer und Rechtsprozesse
Dolmetschung beim lokalen Notar vor Ort
Klare Zielgruppe, klare Produktqualität
Das Team vermittelt nicht, sondern investiert. Ankauf, Sanierung, Vermietung und Verkauf. Den Vertrieb übernehmen spezialisierte Makler, damit Profis verkaufen und das Team entwickelt.
Abhängigkeit von Sponsoren und externen Entscheidungen prägte die Sportjahre. Unternehmertum bedeutet ebenfalls Abhängigkeiten, aber mit mehr Steuerbarkeit. Benedikt ist Autodidakt und hat sich jedes Feld selbst erschlossen.
Benedikt Mayr würde seinem 16-jährigen Ich empfehlen: „Glaube an dich, bleib dran, auch wenn es nicht sofort klappt. Arbeite konsequent, dann kommt das Ergebnis.“
Kurz vor der Klinik wanderte Benedikt den Jakobsweg Primitivo. Hoch oben, allein im Schnee, mit Brotzeit und warmen Schuhen, fühlte er echtes Glück. Er erkannte, wie wenig es braucht, um wirklich zufrieden zu sein.
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